Weniger Sozialphobie, mehr Games!

  • Guten Abend allerseits,


    vor einem Jahr habe ich mich schon einmal vorgestellt, jedoch folgte anschließend eine lange Pause ohne LetsPlays. Die ist jetzt vorbei, und da sich das ein oder andere geändert hat, sag ich einfach nochmal "Hallo". Oder halt "Guten Abend allerseits".


    Seit jeher - also wirklich seitdem es einem Kind möglich ist, ein Videospiel gut zu finden und zu zocken - liebe ich Games, wobei dahinter wie bei vielen "nur" die Liebe zur Realitätsflucht (Realität ist bekanntlich doof) und Spaß an guter Unterhaltung und guten Storys steckt. Serien und Filme und Bücher liebe ich nämlich genauso sehr. Und da ich mich für einen kreativen Menschen halte, der nicht leben kann, ohne Output zu erzeugen, baue ich mir auch meine eigenen Höhlen, in denen so mancher ein gutes Versteck vor dem echten Leben finden kann. Ich schreibe seit ich schreiben kann Kurzgeschichten, Gedichte und Theaterstücke, zeichne Comics und mit Acryl auf Leinwand und stehe total auf Fotografie. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich auch schon eine Serie gedreht, die genauso toll ist wie True Detective. Aber dieses Privileg ist leider, anders als die Möglichkeit zu Schreiben und zu Fotografieren, nicht jedem gegeben. Nun denn.


    Als Bürokauffrau-Azubi war ich unglücklicher als jemals zuvor und nach dem Abschließen der Ausbildung im Januar 2015 durch die Suche nach einer Vollzeitstelle in diesem gehassten Bereich noch viel unglücklicher. Ich habe am Leben gezweifelt und war hochgradig depressiv; darum hörten auch irgendwann die LPs auf. Ich hatte keine Kraft mehr und habe die Zeit, in der ich nicht geschlafen habe, eigentlich auch nur im Bett oder auf dem Sofa verbracht.


    Meine Sozialphobie war damals noch stark ausgeprägt. Und da das der Fall ist, seit ich ca. 15 Jahre alt bin (heute 26), habe ich nie auch nur daran gedacht, dass diese mal vollständig verschwinden könnte. Dann aber habe ich mich entschieden, auf dem 2. Bildungsweg innerhalb von 3 Jahren mein Abitur zu machen. Für Erwachsene, auf einem sogenannten Kolleg. Im September ging es los. Es ist keine Abendschule, ich habe also "ganz normalen" Unterricht von 07.50 bis in der Regel 15.10 Uhr.


    Meine Klasse ist großartig und zumindest einige der Lehrer sind es auch. Ich war in meinem Leben insgesamt auf 5 verschiedenen Schulen und ich war immer der Außenseiter, wurde immer gemobbt, so schlimm, dass ich davon dauerhaft traumatisiert war und eine starke Sozialphobie entwickelt habe, mit der ich lange Zeit - ziemlich bescheiden - gelebt habe. Doch dieses Mal ist es anders. Meine Mitschüler sind erwachsen, vernünftig (sozial betrachtet) und tolerant. Es ist eher die Regel, dass die Menschen dort ähnliche Erfahrungen gemacht haben, wenn auch weniger schlimm. Ich habe sogar Freunde gefunden und stand im Rahmen des von mir gewählten Faches "Darstellendes Spiel" schon mehrmals auf der Bühne. Vor rund 30 - 40 Leuten. Und es war okay. Es hat mich sogar richtig euphorisiert. Alles hat sich verändert. Zu Beginn meiner Ausbildung konnte ich nicht einmal vor anderen Menschen essen oder trinken, weswegen ich nach 2 Wochen bereits auch ordentlich zusammengebrochen bin. Jetzt esse ich in der Gegenwart einer Schulklasse rumsauend unpraktische Hotdogs und habe Ketschup und Senf im Gesicht kleben und es stört mich nicht. Und dass es mich nicht stört macht mir so viel Spaß, dass ich mich manchmal bewusst in ungünstigen Momenten in den Mittelpunkt stelle. Ist das nicht verrückt?


    Solche Dinge wie Nervosität, Lampenfieber oder Schüchternheit sind immer noch präsent für mich, aber das ist fern von der Tatsache eine psychische Erkrankung zu sein. Darum ist es okay. Depressionen wird man so einfach leider nicht los, vor allem im Winter; ich befinde mich also mehr oder weniger (eher mehr) gerade mitten in so einer. Fürs neue Jahr jedenfalls habe ich mir fest vorgenommen und gewünscht, dass ich mich wieder intensiv den LetsPlays und YouTube zuwende, weil ich das Gefühl habe, dass es einfach das richtige für mich ist. Es ist ein sehr lebhaftes, auf eine geistige und kreative Art aktives Hobby, dass sehr erfüllend sein kann und einfach "bunter" ist, als das Schreiben von schwarzen Buchstaben in eine grellweiße Text-Editor-Datei.


    Außerdem kann ich so meine "sozialphobischen Reste" bekämpfen, was immer noch einer der Gründe ist, weshalb ich YouTube für ein so tolles Format halte.


    So, nun genug des Erzählens (krass, dass du bis zum Ende durchgehalten hast) und zur eigentlich Ankündigung: In den nächsten Tagen geht es auf meinem Kanal mit einem LetsPlay weiter. Ich würde mich also freuen, wenn ihr euch mal ein Bild von meinem Channel macht und noch größer wäre die Freude natürlich, wenn es euch unterhaltsam genug erscheint, um dabeizubleiben.


    Ich wünsche euch allen einen gemütlichen Abend und ein sinnliches Wochenende!

    Eure Libera


    ---> Zum Channel geht es hier: LIBSPLAY

  • Hallo Libera,


    ganz herzlich Willkommen hier im Forum und in der Let's Player-Gemeinde von mir.


    Supertolle Vorstellung da oben. Merkwürdig, dass noch überhaupt niemand darauf geantwortet hat. Naja, dann muss ich eben den Anfang machen.


    Ich habe Deinen Text tatsächlich bis zum Ende gelesen und es scheint ja so zu sein, dass Du mit Deiner Schule den richtigen Weg für Dich gefunden hast. Ich drücke Dir die Daumen, dass auch weiterhin alles gut läuft. Wenn der Leidensdruck durch die Depression in der, wie Du schreibst, Du Dich gerade befindest, zu groß wird, solltest Du Dir professionelle Hilfe suchen. Gesprächstherapie z.B. Man muss nicht immer mit allem alleine fertig werden. Aber das nur am Rande - wer bin ich, Dir kluge Ratschläge zu geben?


    Ich habe mir den Anfang des ersten Teils Deines LPs von Life is Strange angesehen. Das hat mir mal richtig gut gefallen. Toll gemacht. Schön ruhig, sehr angenehme Stimme und, was mich besonders freut, keine Webcam. Ich finde das immer ein wenig nervig, wenn der LPer mich die ganze Zeit anstarrt, während ich mir ein LP anschaue. Deine Stimme kam mir hier und da etwas unsicher, leicht zittrig vor. Geh' doch ruhig mit mehr Selbstvertrauen an die Sache ran. Du machst das toll und das kannst Du auch ruhig durch Dein Auftreten jedem zeigen.


    Was Du am Anfang über "Deine Art Videospiele" gesagt hast, kann ich voll und ganz unterstützen. Auch ich finde, dass die Story sehr wichtig ist. Was da in Dein "Beuteschema" passen könnte, ist The Walking Dead von Telltale Games. Mehr Story habe ich in einem Spiel noch nicht erlebt. Falls Du erst Mal schauen willst, ich mache davon im Moment ein LP auf meinem Kanal.


    Ich habe Deinen Kanal "aus Solidarität" abonniert. Es sind zwar nicht so die Spiele dabei, die ich unbedingt sehen muss, oder aber ich will sie selbst noch spielen, dennoch möchte ich gerne sehen, wie es mit Deinem Kanal weitergeht und Dir ein wenig den Rücken stärken. Und, wer weiß, vielleicht bringst Du ja mal was, das ich mir dann auch anschauen will. Ich behalte das auf jeden Fall im Auge :-)


    Hui, jetzt habe ich ja selbst mehr geschrieben, als ich anfangs dachte. Vielleicht findest Du ja mal die Zeit zum antworten...


    Gruß,
    Brummpa

  • Hallo Libera,


    ich habe auch bis zum Ende "durchgehalten" und muss sagen, dass mich deine Geschichte ein bisschen berührt, weil ich mich in dir auch ein bisschen wiedererkenne. Ich bin auch ein chronischer Schwarzmaler und sozial sehr schwer behindert. Da fehlt einfach echtes Selbstbewusstsein. Ich finde es jedenfalls gut, dass du uns das erzählt hast und es freut mich, dass du jetzt einen Weg gefunden hast auf dem du glücklich bist. :) Ich finde es auch gut, dass du das in deinem Video so offen angesprochen hast.


    Oli :)

  • Hallo Libera


    Eine der besten Vorstellungen die ich hier in diesem Forum gelesen habe. Ich wurde früher auch ständig gemobbt. Glücklicherweise ändert sich das, wenn man erwachsen wird. :)
    Ich glaube Nervosität und Lampenfieber hat fast jeder bis zu einem gewissen Grad. Man hört selbst von vielen professionellen Künstlern, die schon Jahre im Business sind, dass sie immer noch teilweise nervös sind bei grossen Auftritten.


    Liebe Grüsse,
    Northgate

  • Du arme scheinst ja echt einiges durchgemacht zu haben :(. Ich wünsche dir für die Zukunft alles gute und hoffe das dein Kanal (bzw. die Zuschauer) dir vielleicht auch ein wenig Kraft schenkt ;).

  • Ach Mensch. Wie positiv die Reaktionen einfach sind - das bewegt mich wirklich immer wieder sehr, auf eine positive, optimistische Weise. Ich habe außerhalb von YouTube im Netz sehr wohl auch die Gegenseite kennengelernt. Viele - zu viele - Menschen verstehen nicht, was es bedeutet, psychisch krank zu sein; sie streiten gar die Existenz von Krankheiten auf seelischer Ebene ab: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!" und ähnliche Plattitüden begegnen einem auch im Zeitalter der Aufklärung noch. Und wer es wagt, aufgrund von einer Erkrankung, die keiner sehen kann, arbeitslos und hilfebedürftig zu sein, der ist ganz zweifellos ein Simulant und Schmarotzer, der die Qualität seines Lebens auf allen Ebenen nur zerstört, um 400 Euro ALG II im Monat zu erhalten, "ohne etwas dafür zu tun". Kritik erfuhr ich auch gerade wegen meines offenen Umgangs mit meiner Leidensgeschichte. Sowas erzähle man doch nur den engsten Vertrauten. Und überhaupt: Das sei doch alles nur Attention-Whoring. Mann, manchmal war ich echt am Ende deswegen und stand immer wieder vor der Entscheidung, mein Verhalten anzupassen, damit ich all diese Angriffe nicht mehr ertragen müsste. Aber das bin nicht ich. Ich bin ein extrem offener Mensch und es bereitet mir auch kein Unbehagen, über persönliche Dinge zu sprechen; ganz egal, worum es dabei geht. Diese Offenheit war immer ein Teil von mir, so schwer mir der Umgang mit anderen auch gefallen sein mochte.


    Es ist einfach wunderbar belebend und schön, dass ich durch YouTube und eben auch hier nun Verständnis und Anerkennung für das, was ich tue, erfahre. Zur Abwechslung mal bestätigt und bestärkt zu werden, tut einfach gut. Wenn man rund um die Uhr ausgebremst wird, wird es irgendwann sehr schwer, sich trotzdem treu zu bleiben. Mir sind sogar auf YouTube bisher komplett "Hater" erspart geblieben, was mich durchaus wundert, da ich auf anderen Channels regelmäßig auf so etwas stoße.


    Ich bin sehr dankbar für eure Antworten und die Rückmeldungen geben mir mehr Kraft, als es eine Therapie jemals geschafft hat. Ich habe tatsächlich schon 2 langjährige Gesprächstherapien hinter mir und auch, wenn ich teilweise einen sehr guten Draht zu dem Therapeuten hatte, haben mich die Gespräche persönlich eher nicht weitergebracht. Ich habe die Erfahrung gemacht, das jegliches Nachdenken und geistliches Auseinandersetzen mit den eigenen Lebensumständen nichts nützt - man muss die Dinge einfach anpacken, nur durch Aktion, durch aktive Einflussnahme auf das Umfeld kann man seine Situation verbessern. Natürlich funktioniert das nicht immer, vor allem nicht in schweren depressiven Phasen, aber langfristig sehe ich Therapie nicht effektive Lösung.

  • Menschen verstehen nicht, was es bedeutet, psychisch krank zu sein; sie streiten gar die Existenz von Krankheiten auf seelischer Ebene ab: "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!


    Leider hört man oft gerne auch solche Sprüche wie "Reiß Dich doch mal zusammen!". Etwas in dieser Art finde ich besonders "hilfreich" bei einer Depression (Brummpa hält sein Sarkasmus-Schild hoch - für alle, die es nicht gemerkt haben).


    Gruß,
    Brummpa

  • Hello (again)


    Wenn du True Detective magst, kennst du sicher meinen Avatar :)
    Für mich eine der Besten Serien, optisch, inhaltlich und schauspielerisch - zu schade, dass sie in der Form nicht weiter laufen wird.


    Das mit der Schule/Job kann ich nachvollziehen. Es erstickt einen und man sollte immer möglichst was ändern.
    Ich habe jedoch das Glück nicht für Depression etc. anfällig zu sein - kann mich daher nicht hineinversetzen (kenne genug Leute die das haben)
    Auch wenn es schwer ist, man sollte immer (versuchen) die Kraft aufbringen alles dagewesene hinter sich zu lassen und den Mut bekanntes wegzuwerfen und bei 0 anfangen, und wenn es das Letzte ist.
    Zusammen mit der Einstellung "mir kann keiner was"


    YT Videos zu machen ist interessant. Hat es mich in den letzten Monaten doch mehr umgekrempelt als gedacht. Ich bin nahezu besessen davon :)
    Ich denke das kann auch eine Form der Therapie sein.


    Nundenn - viel Spaß hier im Forum (mal wieder)

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